Typischerweise deckt eine Berufshaftpflichtversicherung Schäden ab, die durch Fehler in der beruflichen Tätigkeit entstehen, insbesondere Personen-, Sach- und Vermögensschäden. Sie kommt bei berechtigte Schadensersatzforderungen auf und wehrt unberechtigte Forderungen ab, einschließlich der Übernahme von Anwalts- und Gerichtskosten.
Als SAP-Berater sind Personen- oder Sachschäden eher untypisch, der größte Risikofaktor sind Sachschäden. Stellt sich noch die Frage, wie hoch das Risiko an sich einzuschätzen sich.
Gerade als SAP-Berater arbeitet man in einem Umfeld, in dem neue oder angepasste Prozesse vom Kunden getestet und abgenommen werden. In großen Projekten ist man nie allein verantwortlich, es gibt Keyuser, Projektleiter, Testmanager und wen auch immer, die einen Go-Live absegnen. In einem solchen Umfeld ist es schwer vorstellbar, dem Berater die alleinige Schuld an einem etwaigen Fehler in die Schuhe zu schieben. Andererseits heisst es natürlich nicht, dass es ein Unternehmen nicht doch versuchen kann. Eine Haftpflicht kann dann helfen, die unberechtigten Ansprüche abzuwehren.
Und mal Hand aufs Herz. Jeder kennt die Situation, dass die Produktivsetzung doch nicht so optimal gelaufen ist und plötzlich 1.000 falsche Belege im System stehen, die man nicht mehr manuell korrigieren kann. Ein kleines Korrekturprogramm auf Datenbankebene, Massenänderungen im Produktivsystem oder direkte Datenmanipulation mit SE16N sind im Produktivsystem dann das Mittel der Wahl. Eventuelle Unachtsamkeiten können dabei schnell weitere Probleme nach sich ziehen, bis hin zum Produktionsstillstand.
In kleinen Unternehmen kann sich das Risiko noch erhöhen. Dort ist der SAP-Freelancer oft einer der wenigen Know-How-Träger und ausgeklügelte Abnahmetests sind eher die Seltenheit. Jeder in einem solchen Umfeld Tätige kennt die Situation, dass er morgens bei einem kurzen Gespräch mit der Fachabteilung eine mehr oder weniger durchdachte Anforderung präsentiert bekommt, die dann nächste Woche oder idealerweise noch am selben Nachmittag eingespielt werden soll. Die Abnahme beschränkt sich auf einen Geradeaustest der neuen Funktion, Regressionstest ist für Feiglinge. Den Transport ins Produktivsystem übernimmt der Berater sowieso selbst. Wenn dabei etwas Gravierendes schief geht, sollte das Vertrauensverhältnis mit dem Auftraggeber in Takt sein, um nicht haftbar gemacht zu werden.
Auch im Support sind Situationen vorstellbar, in denen sich ein kapitaler Bock schießen lässt. Schließlich arbeitet man per Definition im Produktivsystem und wer beispielsweise eine Preisliste an den falschen Kunden aus dem System verschickt, macht sich sicher keine Freunde.
Zusammengefasst ist das Risiko, als freiberuflicher SAP-Berater in eine schadenersatzpflichtige Situation zu kommen, zwar eher überschaubar. Allerdings zeigen obige Beispiele, dass es auch nicht gänzlich ausgeschlossen ist. Wer hier auf der sicheren Seite sein will, für den ist eine Berufshaftpflicht auf jeden Fall sinnvoll.
Zudem bestehen viele Projektvermittler auf eine Berufshaftpflicht oder finden es zumindest wünschenswert, so dass das Vorhandensein ein Verkaufsargument für die eigene Arbeit sein kann.
Wie bei jeder Versicherung sollte man sich damit auseinandersetzen, was im Schadensfall wirklich versichert ist (Art der Tätigkeit, Schadensabwehr, räumliche oder sachliche Einschränkungen) und wie es sich dies mit dem eigenen Tätigkeitsfeld deckt.
Nicht zuletzt lässt sich der Beitrag für eine Berufshaftplicht als Ausgabe von der Steuer abziehen und schmälert somit das Ergebnis und also auch die Steuer selbst. Apropos Steuer. Auf eine IT-Berufshaftpflicht für SAP-Berater fällt keine Mehrwertsteuer, sondern eine Versicherungssteuer an, die sich nicht als Vorsteuer abziehen lässt.